Forschung
Leberregeneration
Im Detail ist der Vorgang der Leberregeneration sehr komplex, die untergegangenen oder sozusagen fehlenden Zellen werden im Endergebnis aber durch Leberzellneubildung (Proliferation, Hyperplasie) und Zellvergrößerung (Hypertrophie) ausgeglichen. Dadurch gelangt die Leber zu ihrer ursprünglichen Größe zurück. Während dieser regenerativen Prozesse können die lebenswichtigen, leberspezifischen Funktionen durch die im Körper verbleibenden, gesunden Leberzellen, weiterhin wahrgenommen werden.
1) Der Einfluss des angeborenen Immunsystems auf die Leberregeneration nach
Leberteilentfernung (partieller Hepatektomie)
Dem Prozess der Leberregeneration liegt ein Zusammenwirken mehrerer Zellarten zugrunde, wobei immunkompetente Zellen eine entscheidende Rolle spielen.
Intrahepatische Leukozyten repräsentieren bis zu 25% aller Leberzellen, darunter befinden sich die Makrophagen, NK Zellen, NKT Zellen, CD4- und CD8-T-Zellen. Ultrastrukturelle Analysen belegen die direkte Interaktion zwischen Leukozyten und Hepatozyten. Abhängig von der zugrundeliegenden Ursache führt eine Leberschädigung zu unterschiedlich stark ausgeprägten entzündlichen Reaktionen, wobei insbesondere entzündungsfördernde (proinflammatorische) Zytokine die frühe Leberregeneration einleiten. Wir konzentrieren uns innerhalb der Fragestellungen auf die Beteiligung bestimmter Rezeptoren der Zelle. Diese Rezeptoren wirken als molekulare Schaltstellen, die über zellspezifische Mechanismen die Aktivierung von Immunzellen bewirken.
Publikationen:
Z. Cheng, L. Liu, X. Zhang, M. Lu, Y. Wang, V. Assfalg, M. Laschinger, G. v Figura, Y. Sunami, C. Michalski, J. Kleeff, H. Friess, D. Hartmann, N. Hüser. Peroxisome Proliferator-Activated Receptor gamma negatively regulates liver regeneration after partial hepatectomy via the HGF/c-Met/ERK1/2 pathways. Scientific Reports Vol 8(1): 11894, August 2018
S. Schulze, C. Stöß, M. Lu, B. Wang, M. Laschinger, K. Steiger, F. Altmayr, H. Friess, D.Hartmann, B. Holzmann, N. Hüser. Cytosolic nucleic acid sensors of the innate immune system promote liver regeneration after partial hepatectomy. Scientific Reports Vol 8(1): 12271, August 2018
B. Wang, B. Kaufmann, T. Engleitner, M. Lu, C. Mogler, V. Oslavszky, R. Öllinger, S. Zhong, C, Geraud, Z. Cheng, R. Rad, R. Schmid, H. Friess, N. Hüser, D. Hartmann, G. v. Figura. BRG1 promotes liver regeneration after partial hepatectomy via regulation of cell cycle. Scientific Reports, Vol 9: 2320, Februar 2019
2) Die Rolle von Lebersinusoid-Endothelzellen in der Leberregeneration nach partieller Hepatektomie
Neben dem Kompartiment der Immunzellen sind auch die sogenannten Lebersinusoid-Endothelzellen (LSECs) in den Prozess der Leberregeneration entscheidend involviert. Es handelt sich hierbei um Blutgefäßzellen, die das Gefäßbett des arteriellen, sinusoidalen und venösen Systems der Leber bilden. Sie kontrollieren durch die Ausschüttung von verschiedenen (mitogenen) Faktoren, Angiokinen und Zytokinen die Organfunktion, den Metabolismus, die Zellentwicklung, das Zellwachstum und die Zellregeneration.
Ausgewählte Publikationen:
X. Zhang, V. Olsavszky, Y. Yin, B. Wang, T. Engleitner, R. Öllinger, K. Schledzewski, P. Koch, R. Rad, R. Schmid, H. Friess, S. Goerdt, N. Hüser, C. Geraud, G. Figura, D. Hartmann. Angiocrine Hepatocyte Growth Factor Signaling Controls Physiological Organ and Body Size and Dynamic Hepatocyte Proliferation to Prevent Liver Damage during Regeneration. Am J Pathol., Vol 190: 358-371, Februar 2020
Leberfibrose, Zirrhose und
Karzinogenese
Ein zweiter zentraler Forschungsschwerpunkt unserer Arbeitsgruppe ist mit dem Ziel verbunden, detaillierten Einblick in die Entwicklung des lebereigenen, hepatozellulären Karzinoms (HCC) zu bekommen. Das HCC entsteht in den meisten Fällen auf dem Boden einer Leberzirrhose, die wiederum das Resultat einer chronischen Schädigung der Leber durch Alkohol, metabolische Erkrankungen, Stoffwechselstörungen oder Hepatitis-Virusinfektionen ist. Es stellt die häufigste Lebertumorerkrankung
dar, weltweit liegt die Inzidenz des HCC bei über 700.000 Fällen. Wir gehen ganz spezifischen Fragestellungen der Leberfibrosierung und Hepatokarzinogenese nach, die unter Anwendung eines chemischen Lerberzellkarzinommodells einen Erklärungsansatz der Entstehung des HCC bei verschiedenen Stoffwechseldefekten bzw. genetischen Veränderungen herausarbeiten sollen.
1) Die Analyse des epigenetischen Regulators Brg1 in der Leberfibrogenese Das Brahma-verwandte Gen 1 (Brg1, eine katalytische Untereinheit des SWItch/Sucrose Non-Fermentable SWI/SNF-Komplexes), wurde von unserer Arbeitsgruppe als wichtiger Regulator der Leberregeneration identifiziert. Auch innerhalb der Leberfibrogenese kommt Brg1 eine bedeutende Rolle zu. So konnten wir mit Brg1 im murinen Modell eine Aktivierung hepatischer Stellatumzellen und eine deutliche Entzündungsreaktion während der Leberfibrosierung assoziieren. Dies wird nachweislich über den TNF-α/NF-kappaB-Weg vermittelt. Unsere Ergebnisse unterstreichen einen neuen Aspekt von Brg1 in der Pathogenese der Leberfibrose. Die Brg1-Hemmung könnte daher eine vielversprechende Strategie zur Verhinderung von Leberfibrose bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen sein.
Ausgewählte Publikationen:
B. Wang, B. Kaufmann, C. Mogler, S. Zhong, Y. Yin, Z. Cheng, R.M. Schmid, H. Friess, N. Hüser, G. von Figura, D. Hartmann. Hepatocellular Brg1 promotes CCl4-induced liver inflammation, ECM accumulation and fibrosis in mice. BBRC 2020. Submitted.
2) Die Analyse des epigenetischen Regulators Brg1 in der Lebertransformation
Wir haben die Brg1-Expression in humanen Lebergewebeproben und Zelllinien analysiert und schließlich gezielt herunterreguliert, um damit dessen Effekt auf das Zellwachstum und die Beteiligung entsprechender Zielgene zu prüfen. In den HCCProben findet sich im Vergleich zu nicht tumorbefallenem Lebergewebe eine erhöhte Brg1-Expression. Nach Suppression von Brg1 zeigen die Zelllinien eine geringere Wachstumsrate, zahlreiche Zielgene des Leberzellzyklus werden nur schwach
exprimiert. Diese Erkenntnisse bekräftigten die Hypothese eines wachstumsfördernden Effekts der Überexpression von Brg1 im HCC. Die spezifische Modulation von Brg1 erschließt womöglich eine therapeutische Behandlungsmöglichkeit des HCCs.
Ausgewählte Publikationen:
B. Kaufmann, B. Wang, S. Zhong, M. Laschinger, P. Patil, M. Lu, V. Assfalg, Z. Cheng, H. Friess, N. Hüser, G. von Figura, D. Hartmann. BRG1 promotes hepatocarcinogenesis by regulating proliferation and invasiveness. PLos ONE Vol. 12(7): e0180225, Juli 2017
Klinische Studien
Zum Teil führen Faktoren, welche die regenerative Kapazität der Leber nach Schädigung einschränken, umgekehrt zu einer Beschleunigung der Entwicklung zum HCC. Dies bedeutet nicht nur gedanklich, sondern auch mechanistisch einen Brückenschlag zwischen unseren Forschungsschwerpunkten der Leberregeneration sowie der Hepatokarzinogenese. Wir führen eine große Datenbank, mit deren Hilfe wir die im Modell gewonnenen Erkenntnisse am Menschen evaluieren und damit dem translationalen Aspekt unserer Forschung gerecht werden können.
U. Nitsche, C. Weber, B. Kaufmann, G. Figura, V. Assfalg, G. Miller, H. Friess, N. Hüser, D. Hartmann. Simultaneous versus staged Resection of Colorectal Cancer Liver Metastases: A retrospective Single-Center Study. Journal of Surgical Research, Vol 255: 346-354, November 2020
U. Nitsche, C. Weber, B. Kaufmann, G. Figura, V. Assfalg, G. Miller, H. Friess, N. Hüser, D. Hartmann. Survival data on timing of resection of liver metastases in colorectal cancer patients. Data in Brief, Vol 31: 105973, Juli 2020
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Hepatobiliäre Arbeitsgruppe
